Beuteltiere

Beuteltiere
Beuteltiere,
 
Marsupialia, Ordnung der Säugetiere, deren rd. 250 Arten eine ebenso große Formenmannigfaltigkeit entwickelt haben, wie man sie vergleichsweise bei den übrigen 18 Säugerordnungen findet. Deshalb wächst unter den Fachwissenschaftlern die Tendenz, die etwa 16 Beuteltierfamilien in mehrere Ordnungen aufzuteilen und die Beuteltiere selbst als Unterklasse (Metatheria) aufzufassen.
 
Die rezenten Beuteltiere erreichen Größen von etwa 10-200 cm (einschließlich Schwanz). Sie kommen vorwiegend in Australien, auf Tasmanien, Neuguinea und einigen umliegenden Inseln vor, sind aber auch in Amerika von Südostkanada bis Südargentinien vertreten. In Australien und auf Tasmanien, wo es vor der Besiedlung durch den Menschen außer Beuteltieren keine anderen Landsäuger gab, wurde vom Menschen und seinen mitgebrachten Säugetieren (Hunde, Schweine, Kaninchen) eine Reihe von Beuteltieren verdrängt. In Amerika jedoch, wo neben Beuteltieren seit jeher auch andere Säuger leben, konnten sich einige Beuteltiere, wie z. B. die Opossums, erfolgreich durchsetzen. Die Beuteltiere sind demnach den höheren Säugern meist, den anderen nicht generell unterlegen, was auch erfolgreiche Aussetzungen von Wallabys in Großbritannien, Deutschland, Hawaii und Neuseeland zeigen. Dagegen unterscheiden sich die Beuteltiere von den übrigen Säugern wesentlich durch ihre Fortpflanzungsorgane und -biologie. Die weiblichen Tiere haben zwei Gebärmütter und zwei zumindest teilweise getrennt bleibende Scheiden (Didelphier). Dementsprechend ist bei den Männchen der Penis gegabelt, er liegt hinter dem Hodensack in einer Penistasche. Eine echte Plazenta fehlt, außer bei den Langnasenbeutlern (Beuteldachse), bei den Weibchen. Das Ei entwickelt einen Dottersack, dessen Gefäße sich der Gebärmutterwand (Dottersackplazenta) anlegen und den Keimling miternähren. Die Geburt findet in einem frühen Entwicklungsstadium des Keimlings statt. So wird beim Riesenkänguru nach 39 Tagen Tragzeit ein nur 25 mm langer, nackter, blinder Embryo geboren, der sich aus eigener Kraft zur Zitze bewegt. Das Junge saugt nicht, die Milch wird durch einen besonders Muskel (Compressor mammae) eingespritzt. Die meisten Arten haben eine bauchständige Brutpflegetasche, die als Beutel (Marsupium) oder als Hautfalte um die Zitzen herum ausgebildet sein kann. Der Beutel wird oft von zwei stabförmigen Beutelknochen gestützt; meist ist er nach vorn geöffnet, bei grabenden Arten (z. B. beim Wombat) nach hinten. Der Aufenthalt an der Zitze oder im Beutel kann bei größeren Arten 6-8 Monate dauern. Bei einigen, meist kleinen Arten fehlt der Beutel, die Jungen hängen frei an den Zitzen.
 
Die Beuteltiere umfassen u. a. die Familien: Ameisenbeutler, Beuteldachse, Beutelmulle, Beutelratten, Kängurus, Kletterbeutler, Opossummäuse, Raubbeutler und Wombats.
 
 
Entgegen der früheren Auffassung, die Beuteltiere hätten ihren Ursprung in der Australischen Region, verlegt man heute ihr Entstehungszentrum nach Amerika (frühester Fossilfund: Gattung Holoclemensia der Beutelratten aus der nordamerikanischen Unterkreidezeit). Sie sind also etwa gleichzeitig wie die »höheren« Säuger entstanden. Die meisten Paläontologen nehmen ihre Entstehung in Südamerika an. Dafür werden v. a. folgende Fakten angeführt: 1) Die Mehrzahl aller Beuteltierfossilien ist aus Südamerika bekannt (frühester Fund hier aber aus der jüngsten Oberkreide); 2) australische Fossilien sind sehr spärlich; 3) Südamerika und Australien bildeten in der Kreidezeit eine zusammenhängende Landmasse, sodass ein Überwechseln südamerikanischer Beuteltiere nach Australien möglich war. - Im jüngsten Tertiär entwickelten sich aus den Raubbeutlern etwa tigergroße Säbelzahnbeutler (Thylacosmilidae) und im (pleistozänen) Eiszeitalter Großformen, darunter z. B. ein bärengroßes Beuteltier aus der Gattung Diprotodon. In Europa waren die Beuteltiere vom Eozän bis zum Miozän vertreten, sind aber durch die überlegenen »höheren« Säuger verdrängt worden.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Evolution: Die Entwicklung der Säugetiere
 
Säugetiere: Merkmale, Lebensräume, Systematik
 
Säugetiere: Unterklassen, Teilklassen und Ordnungen
 

Universal-Lexikon. 2012.

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